Jugendliche und ihr Porno-Konsum
05.05.2021
Schon unter 16- und 17-Jährigen ist das Surfen auf einschlägigen Seiten verbreitet, aber auch Social Media spielen zunehmend eine Rolle.
05.05.2021
Schon unter 16- und 17-Jährigen ist das Surfen auf einschlägigen Seiten verbreitet, aber auch Social Media spielen zunehmend eine Rolle.
Es ist ein Multi-Milliarden-Geschäft: Pornografie ist nahezu überall im Internet präsent, angeblich geht es in jeder vierten Suchanfrage im Netz überhaupt um explizite Inhalte. Der Konsum also ist enorm. Und so dürfte es kaum verwundern, dass schon Jugendliche gut dabei sind, schließlich sind die Inhalte mit ein paar Klicks erreichbar. Medienwächter und Jugendschützer fordern seit langem, dem einen Riegel vorzuschieben. Doch welcher ist der richtige, um Minderjährige zu schützen und ihnen den Zugang zu Pornovideos zu verschließen?
Neil Thurman, Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung (IfKW) der LMU, hat jetzt zusammen mit Fabian Obster, Statistiker an der Universität der Bundeswehr München, eine Umfrage unter rund 1.000 britischen Jugendlichen gemacht, die für Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden auch Aufschluss über die Situation in Deutschland geben könnte. Denn in ihrem Konsumverhalten im World Wide Web, so sagt Thurman, dürften sich englische und deutsche Jugendliche nicht großartig unterscheiden.
78 Prozent der Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren sind bereits im Netz auf pornografische Inhalte gestoßen. Und zum Teil besuchen sie pornografische Websites nicht eben selten: Der Umfrage zufolge war es im Schnitt sechs Tage her, dass auf solchen Seiten unterwegs waren. Viele von ihnen haben sich noch am Tag, an dem sie den Fragebogen ausfüllten, Pornovideos oder Galleries angeschaut. Auf einschlägigen kommerziellen Websites wie Youporn, Pornhub oder MyDirtyHobby sind die Jugendlichen im Schnitt gut zwei Stunden im Monat unterwegs, fast ausschließlich auf dem Handy oder dem Tablet. Auch in Social-Media-Portalen suchen sie nach entsprechenden Videos und Bildern. Pornos zu schauen ist vor allem Jungens-Sache und quer durch alle Schichten ähnlich weit verbreitet.
Für die Frage des Jugendschutzes, sagt Thurman, könnten auch einige weitere Beobachtungen zum Konsumverhalten der Jugendlichen sein, die er mit seiner Untersuchung gemacht hat. Schließlich werden in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Kanada gerade gesetzliche Regelungen diskutiert beziehungsweise implementiert, die den Zugang zu legaler Online-Pornografie regeln sollen, teilweise sind solche Regelungen bereits in Kraft. Das beinhaltet auch Vorschriften, Altersprüfungen vor die Websites zu schalten. Fast die Hälfte der Jugendlichen aber hat der Umfrage zufolge schon VPNs oder den Tor Browser ausprobiert – Tools, mit denen sich die Verbindungsdaten anonymisieren und länderspezifische Restriktionen umgehen lassen. Wenn also, so argumentiert Thurman, besonders beliebte VPNs das Browsen von mehr als 90 Ländern aus erlauben, nutzt es wenig, wenn nur ein paar Staaten zum Schutz Minderjähriger Altersprüfungen auf pornografischen Websites verlangen.
Noch sei der Markt konzentriert, er werde beherrscht von wenigen global operierenden Firmen wie MindGeek und WGCZ Holdings, sagt Thurman. Nur eine Handvoll Websites vereinigt auf sich das Gros des weltweiten Konsums. Um Minderjährige zu schützen, schlägt der Kommunikationswissenschaftler neben länderspezifischen Maßnahmen vor, Druck auf die weltweit tätigen Pornografie-Anbieter auszuüben und sie so zu anzuregen, funktionierende Altersprüfungen für jeweils alle Märkte zu gewährleisten, auf denen sie operieren. Gleichzeitig sollten die geplanten Regulierungen wie in Großbritannien Social-Media-Plattformen einbeziehen.